Donnerstag, 26. Oktober 2017

Interview mit Jean-Yves Ferri dem Autor des neuesten Band von Asterix in Italien

1. Asterix Band 36 „Der Papyrus des Cäsar“ war ein voller Erfolg. Als neuer AsterixZeichner stehen Sie da enorm unter Druck oder fühlt sich der dritte Band schon leichter für Sie an? 

Wie Sie sehen, bin ich tiefenentspannt [lacht]. Ich würde sagen, man gewöhnt sich langsam daran. Mit jedem neuen Album fühlt man sich etwas sicherer. Man hat auch mehr Übung was die Promotion angeht [lacht]. 

2. Inwiefern ist Albert Uderzo in die Entstehung eines neuen Albums involviert? Gibt er Ihnen nach wie vor Ratschläge? 

Auch da hat es eine Entwicklung gegeben, Albert Uderzos Haltung hat sich verändert. Beim ersten Album, „Asterix bei den Pikten“, hat er noch sehr viel stärker eingegriffen, insbesondere was die Zeichnungen angeht, denn er ist selbst in erster Linie Zeichner. Er gab Didier einige Ratschläge. Beim „Papyrus“ hatte er soweit Vertrauen gefasst, dass er nur wenige Anmerkungen machte. Bei dem neuen Band hat er uns nur noch moralisch unterstützt, indem er uns ein paar aufmunternde Worte zukommen ließ. Und ich glaube, er freut sich sehr, dass wir unsere Helden dieses Mal nach Italien schicken. 

3. Sie wollen die Tradition von Asterix bewahren, die Serie aber auch vorsichtig modernisieren. Wie sieht es mit der neuen Geschichte aus? 

Wir versuchen weiterhin das Asterix-Universum an die heutige Zeit anzupassen. Was bei „Der Papyrus des Cäsar“ besonders viel Anklang gefunden hat, waren Themen wie z.B. Informationspolitik, die aktuell viel diskutiert werden. Der neue Band ist in dieser Hinsicht weniger ambitioniert. Wir wollten einfach die Lust und Freude an einem richtig guten Abenteuer entstehen lassen. In dem Punkt unterscheidet er sich sehr vom vorigen Band. Wir haben hier sehr viel mehr mit dem Rhythmus der Erzählung gespielt und den Fokus auf die actionreiche Handlung gelegt. 

4. Wie sind Sie auf das Reiseziel Italien gekommen? 

Ich weiß es nicht. [lacht] Wahrscheinlich sind wir auf Italien gekommen, als wir uns eine Karte von Europa angesehen haben. Man geht davon aus, dass Asterix und Obelix dieses Land kennen, weil sie ständig mit Römern zu tun haben. Aber wenn man genauer hinsieht, stellt man fest, dass sie Italien nicht wirklich kennen, da sie bisher nur in Rom gewesen sind. Rom kennen sie aus den beiden Alben „Asterix als Gladiator“ und „Die Lorbeeren des Cäsar“. Es war also reizvoll, sie auch den Rest des Landes bereisen zu lassen. 

5. Können Sie uns schon etwas über das neue Album mit dem Titel „Asterix in Italien“ verraten? 

Ich werde versuchen, trotz der einschüchternden Einrichtung dieses Raumes, das Geheimnis zu wahren und möglichst wenig preiszugeben [lacht]. Es gehört zu den Spielregeln, dass man möglichst wenig erzählt. Was ich sagen kann, ist, dass Obelix der Auslöser dieses Abenteuers ist. Es ist ein Abenteuer, das sich entlang eines einzigen Handlungsstrangs entwickelt. Das Erzähltempo ist hoch, und unsere Helden lernen viele Gegenden und Völker des antiken Italiens kennen. 

6. Woher nehmen Sie die Belege für historische Informationen über die Völker und Länder, die in den Bänden vorkommen? 

Das ist eine spannende Frage. Asterix muss immer zumindest im Ansatz und dem Anschein nach der historischen Wirklichkeit entsprechen. Das darf man aber nicht zu weit treiben. Denn das antike Italien hat mit dem heutigen wenig gemeinsam, abgesehen von den Regionen. Die Städte, die in der Antike wichtig waren, sind nicht die, die später an Bedeutung gewonnen haben, in der Renaissance usw. Man muss immer ein bisschen tricksen und Dinge aus dem antiken Italien mischen mit dem, was man aus dem heutigen Italien kennt – und das möglichst mit einer Prise Humor. 

7. Italien steht ja sehr für dolce vita, vino rosso, gutes Essen. Wie sah da die Recherchearbeit aus? Haben Sie da „zugeschlagen“? 

Ich merke schon, Sie wollen es ganz genau wissen, und das verstehe ich. Aber wenn ich noch sehr viel mehr sage, verrate ich zu viel. Ich habe natürlich versucht, Anspielungen zu machen auf kulinarische und kulturelle Besonderheiten, die jeder kennt. Davon gibt es viele in Italien. Was die kulinarische und kulturelle Vielfalt in den verschiedenen Regionen angeht, sind sich Gallien und das antike Italien sehr ähnlich. Man könnte ein Album machen, in dem diese beiden Länder gegeneinander antreten. In diesem Album ist das nicht so, die Gallier und die italischen Völker sind solidarisch. Sie haben einen gemeinsamen Feind, nämlich Julius Cäsar, der am liebsten alle unter sich vereinigen möchte. 

8. Was reizt Sie persönlich an Italien, abgesehen von der Geschichte? 

Die Vielfalt der unterschiedlichen Regionen. Italien ist noch stärker als Frankreich in Unterregionen gegliedert, die jede ihre eigenen kulinarischen und kulturellen Besonderheiten hat und die sehr bewusst am Leben erhalten werden. Es ist amüsant zu sehen, welche Stadt sich rühmt, den besten Wein oder das beste Nudelrezept zu haben. Darum geht es nicht vordergründig in dem neuen Album, aber es schwingt im Hintergrund mit. 

9. Zurück zu den Asterix-Vätern. Was hat aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit von Goscinny und Uderzo so einzigartig gemacht? 

Ich glaube, dass sie sich sehr gut ergänzt haben. Es gab ein wortloses Einvernehmen zwischen beiden, sie waren Freunde fürs Leben. Uderzo spricht häufig von dieser Freundschaft. Und sie ergänzen sich wie gesagt. In den Asterix-Abenteuern kommt Goscinnys Humor am besten zur Geltung, wird greifbar dank der Figuren von Goscinny, die wiederum sehr urig sind. Dank dieser Verbindung kommen beide besonders zur Geltung. Goscinny hatte mit Uderzo den idealen Zeichner gefunden, und umgekehrt, denn die geistreichen, literarisch anmutenden Handlungsstränge Goscinnys bildeten ein Gegengewicht zu den rustikal wirkenden Zeichnungen. Das ergab eine perfekte Balance. 

10. Sie haben auch mal gesagt, Sie hoffen, die Serie werde sich mit Ihnen als Autorenduo weiterentwickeln. Was können, wollen und dürfen Sie überhaupt neu machen? 

Was Zukunftspläne angeht, halte ich mich sehr zurück. Jedes neue Album ist auch für mich ein Abenteuer. Es ist unmöglich vorauszusagen, wie sich die Serie weiterentwickeln wird. Für jedes neue Album ist man auf eine gute Idee angewiesen, eine Idee, aus der man eine gute Geschichte spinnen kann. Der Weg dahin ist immer ein anderer und führt auch mal in eine Sackgasse. Manchmal denkt man, man hätte eine gute Idee für einen neuen Asterix, und dann stellt man fest, dass die Idee zwar gut ist, aber nicht zu Asterix passt. Es braucht eine ganz besondere Mischung für diese Alben, einen besonderen Cocktail, ein sehr rundes und ergiebiges Thema, das wie ich finde schwer zu finden ist. 

11. Wenn Sie eine Figur im gallischen Dorf sein könnten, welche Figur wären Sie? 

Normalerweise antworte ich auf diese Frage mit Obelix. Aber Methusalix, der Dorfälteste, wird mir immer sympathischer. In erster Linie wegen seiner bezaubernden Frau, aber auch, weil das Potenzial dieser Figur meiner Meinung nach noch nicht ausgeschöpft ist. Es ist durchaus möglich, dass man in einem späteren Album ganz neue Dinge über Methusalix erfährt. 

12. Das Geheimnis des neuen Asterix zu hüten, das so brisant ist wie das des nächsten Star Wars oder James Bond, wie schaffen Sie das? Rutscht Ihnen manchmal trotzdem etwas raus? 

Manchmal reiße ich mitten in der Nacht die Fenster auf und schreie Geheimnisse raus. Ich lebe auf dem Land, das heißt mich hört eh keiner. Bei meinen Nachbarn macht mich das noch unbeliebter. [lacht] Es gibt schon ein, zwei Anekdoten der Art. Ich erzähle immer gern von meiner kleinen Nichte, die in einem Forum für Kinder geschrieben hatte: „Normalerweise lese ich Asterix nicht, aber der nächste ist von meinem Onkel.“ Damals durfte der Name des neuen Autors noch nicht bekannt gegeben werden. Das war ein kleiner Schock. Sie hat nie zugegeben, dass sie das war, aber als ich sagte, dass es besser wäre, wenn dieser Post nicht mehr im Forum zu sehen wäre, war er zwei Tage später verschwunden. [lacht]

Das Interview wurde vom Verlag: Egmont Comic Collection zur Verfügung gestellt