Freitag, 27. November 2015

Ms. Marvel ist auf Platz vier des Die besten Comics des Jahres-Rankings!


Ms. Marvel, die Superheldengeschichte der etwas anderen Art, wurde bei der gerade veröffentlichten Wahl zu Die besten Comics des Jahres 2015 des Berliner Tagesspiegels von der neunköpfigen Jury auf Platz vier gewählt. Das ist besonders bemerkenswert, da Superhelden es in der Regel schwer haben, sich in Deutschland bei derartigen Rankings im vorderen Bereich gegen Graphic Novels zu behaupten. Die Story von Willow Wilson und Adrian Alphona, deren Hauptfigur die mit Superkräften ausgestattete muslimische Teenagerin Kamala Khan ist, ist „frei von heroischem Pathos und mit einer Haltung, die sich selbst nicht zu ernst nimmt“, heißt es in der Begründung, und Jurorin Sarah Burrini schreibt: „Ms. Marvel bietet leichtfüßige Unterhaltung auf hohem Niveau.“ 


Die junge Kamala Khan ist ein waschechter Nerd. Sie steht total auf Comics, vor allem auf die von Ms. Marvel und den Avengers – sie schreibt und zeichnet sogar selbst Fanfiction ihrer Helden. Das allein macht sie schon zur Außenseiterin in ihrer Schule, schlimmer ist aber, dass die Tochter pakistanischer Einwanderer in New Jersey wegen ihrer Religion und Kultur immer wieder angefeindet wird. Ihr Traum ist es, selbst eine Superheldin zu werden, weil sie glaubt, dass ihr Leben dadurch einfacher würde. Als ein kosmischer Zufall ihr diesen Wunsch erfüllt und sie mit unglaublichen Kräften ausgestattet wird, wird sie zur neuen Ms. Marvel, und muss schnell erkennen, dass dies ihren Alltag nur noch komplizierter macht ... 

World-Fantasy-Award-Gewinnerin G. Willow Wilson schrieb die Story der neuen Ms. Marvel und legte dabei einen wesentlichen Fokus auf das Privatleben der Teenagerin Kamala, die sich schwertut, das Leben als moderne, junge amerikanische Frau und die Traditionen ihrer Herkunft, sowie die Anforderungen ihres Glaubens unter einen Hut zu bringen. Sehr einfühlsam wird von der Autorin, die selbst zum Islam konvertierte, erzählt und von Zeichner Adrian Alphona in moderne Comic-Bilder umgesetzt, wie Kamala zwischen allen Stühlen sitzt. Eigentlich passt sie nirgends hin: In der Schule ist sie die Außenseiterin, weil sie nicht auf Partys geht, oder mit Jungs abhängt und schicke Klamotten trägt. Zu Hause wird sie dagegen – vor allem von der sehr traditionell eingestellten Mutter und ihrem fast schon radikal gläubigen Bruder – als aufmüpfige Revolutionärin angesehen, was ihr permanent Hausarrest von ihrem Vater einbringt. Der ist zwar offener als der Rest der Familie, regiert aber dennoch als Patriarch. Den Kreativen gelingt es auch darzustellen, dass sich Kamalas Status Quo durch ihre neuen Superkräften, den Heldentaten und dem Interesse der Medien an der neuen Ms. Marvel nicht wirklich zum Besseren ändert, sondern alles eher noch schlimmer macht, da sich die 16-Jährige nun in drei recht schwierigen Welten zurechtfinden muss – sie aber auf der anderen Seite selbstbewusster wird und ihren Weg ins Heldentum selbstbestimmt einschlägt. 

Ms. Marvel nimmt den Superhelden-Plot als Vehikel, um spannend, mit hohem Tempo, Action und viel Witz eine Coming-of-Age-Geschichte zu erzählen, in der die Probleme von Tradition, Glaube, Integration und Vorurteilen in unserer Gesellschaft aufgegriffen und uns vor Augen geführt werden, ohne dass der Schmökerspaß dabei verloren geht.